Clara Immerwahr: Chemikerin und Menschenrechtlerin
Clara Immerwahr kam am 21. Juni 1870 in Polkendorf bei Breslau, Deutschland, zur Welt. Ihr Vater war ein Chemiker, der verschiedene Experimente mit Kunstdünger anstellte. Immerwahr und ihre beiden älteren Schwestern erhielten zunächst Privatunterricht und besuchten ab 1877 eine Mädchenschule. Schon in jungen Jahren war die Deutsche sehr wissbegierig und begeisterte sich besonders für Naturwissenschaften.
Gleiche Rechte für alle: Clara Immerwahr erhielt als erste deutsche Frau den PhD in physikalischer Chemie
Als Jugendliche kämpfte Clara Immerwahr gegen die Ungerechtigkeit an, dass sie als Frau keinen Zugang zu höherer Bildung bekommen und eine brave Hausfrau werden sollte, während ihr Bruder in Berlin studieren durfte. Ihr Ziel war es, ebenfalls eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Um finanziell unabhängig zu bleiben und beruflich tätig sein zu können, lehnte Clara Immerwahr einen Heiratsantrag des Chemikers Fritz Haber ab.
Die Deutsche absolvierte ein Lehrendenseminar, wo sie sich auf den Bereich Chemie spezialisierte. Danach arbeitete sie als Privatlehrerin und kämpfte darum, als Frau die Zulassungsprüfung zum Chemiestudium an der Universität Breslau machen zu dürfen. Damit war Immerwahr erfolgreich: 1898 bestand sie die Aufnahmeprüfung zu einem Chemiestudium als erste Frau in Deutschland. 1900 bekam sie den PhD in physikalischer Chemie und war damit auch die erste deutsche Frau, die den Doktorgrad auf diesem Gebiet erlangte.
Danach arbeitete Clara Immerwahr als Laborassistentin und hielt an verschiedenen Frauenorganisationen Vorträge über Physik und Chemie im Haushalt. 1901 begegnete die Chemikerin Fritz Haber nach Jahren wieder — diesmal willigte sie ein, seine Frau zu werden, und die beiden heirateten noch im selben Jahr.
Die Ehe als Einbahnstraße: Wie Clara Immerwahr von ihrem Mann unterdrückt wurde
Zunächst dachte die damals 31-Jährige, sie könne trotz Ehe weiterhin als Forscherin tätig sein, das stellte sich aber als falsch heraus. Haber verlangte seiner Ehefrau sehr viel ab, und während er beruflich immer mehr Erfolg hatte, musste sie ihre Arbeit fast gänzlich aufgeben. Da beide in der Chemie tätig waren, half Clara Immerwahr ihrem Mann bei seiner Forschung und hielt weiterhin Vorträge für Frauen. Die meiste Zeit musste sie aber die Rolle der braven Ehefrau spielen und war dabei sehr unglücklich.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs engagierte sich Haber in der Forschung zu Kriegszwecken und entwickelte Giftgas. Durch das von ihm entwickelte Chlorgas kam es im April 1915 in Belgien zum ersten militärisch erfolgreichen Giftgaseinsatz der Geschichte. Tausende Soldaten wurden dabei verletzt oder getötet.
Bereits im Vorfeld war Clara Immerwahr öffentlich gegen die Forschung ihres Mannes eingetreten. Für sie war seine Tätigkeit eine „Perversion der Wissenschaft“. Die Deutsche vertrat stets das Ideal, Forschung dafür zu nutzen, unsere Welt besser zu verstehen und das Wissen für friedliche Zwecke einzusetzen. Vermehrt bat sie ihren Ehemann, seine Forschung zu unterlassen, aber er hörte nicht auf sie und bezichtigte sie dafür des Vaterlandsverrats.
Bis ans Ende fürs Gute kämpfen: Clara Immerwahr waren Menschenrechte wichtiger als ihr eigenes Leben
Bei Habers Heimkehr nach dem verheerenden ersten Giftgaseinsatz in Belgien versuchte Immerwahr wieder, ihren Mann zu überzeugen, sich von seiner kriegerischen Arbeit abzuwenden. Ein heftiger Streit entbrannte zwischen den beiden. Kurz darauf, am 2. Mai 1915, wählte die Chemikerin, vermutlich aus Protest gegen die Gräueltaten ihren Mannes, den Freitod. Sie war erst 44 Jahre alt.
Auch der Erfinderin Caroline Eichler wurde ihre Ehe zum Verhängnis: Hier erfährst du, was sich damals tragischerweise abspielte.
Für ihre Verdienste wurden Straßen in mehreren deutschen Städten nach Clara Immerwahr benannt. Seit 2012 wird u.a. von der Technischen Universität Berlin der Clara-Immerwahr-Award verliehen, um Nachwuchswissenschaftlerinnen im Bereich der Katalyseforschung zu ehren. Der Verein IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) vergibt seit 1991 die Clara-Immerwahr-Auszeichnung an Personen, die sich „trotz persönlicher Nachteile gegen Krieg, Rüstung und für Menschenrechte einsetzen“.
Jan Ingenhousz: Leibarzt von Maria Theresia und Entdecker der Photosynthese
Jan Ingenhousz wurde am 08. Dezember 1730 in Breda, Niederlande, als Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren. Er besuchte das Gymnasium und galt als cleverer Bub mit vielen Interessen. Nach der Schule absolvierte er ein Medizinstudium an der Universität Löwen, das er 1753 mit dem Doktortitel abschloss. Danach ging er nach Leiden, Paris und Edinburgh, wo er seine medizinischen Kenntnisse vertiefte und zusätzlich Physik und Chemie studierte. Dabei interessierte sich der Mediziner besonders für Elektrizität.
Mit Impfungen gegen die Pocken: Wie Jan Ingenhousz zum kaiserlichen Leibarzt wurde
Nach dem Studium kehrte Ingenhousz in seine Geburtsstadt Breda zurück und eröffnete seine eigene Arztpraxis. 1765 reiste der Niederländer auf Einladung des befreundeten Arztes John Pringle nach London. Dort beschäftigte er sich intensiv mit Pockenimpfungen. Aufgrund seiner Expertise in diesem Bereich wurde er einige Zeit später nach Wien an den kaiserlichen Hof geschickt.
Zu der Zeit waren die Pocken in Österreich stark verbreitet, und viele Mitglieder der kaiserlichen Familie, inklusive Kaiserin Maria Theresia, waren erkrankt. Die Kaiserin erholte sich wieder, aber mehrere ihrer Kinder waren an der Krankheit gestorben. Mit Ingenhousz und seinen Impfmethoden hoffte die Kaiserin, die Pocken einzudämmen. Der Niederländer war damit sehr erfolgreich und wurde als Leibarzt der kaiserlichen Familie auf Lebenszeit angestellt.
Seiner Zeit voraus: Jan Ingenhousz' Entdeckung der Photosynthese wurde erst später gewürdigt
Forschungen zuwandte. Auch wenn er sein Labor in Wien hatte, reiste der Niederländer in Europa viel umher und knüpfte Kontakt mit Forschenden aus anderen Ländern. In Paris lernte er beispielsweise Benjamin Franklin kennen. Mit ihm gemeinsam führte der Arzt verschiedene naturwissenschaftliche Experimente durch, wie etwa zur Wärmeleitfähigkeit von Metallen. Durch diese Zusammenarbeit erfuhr Ingenhousz u.a. von Franklins Erfindung, dem Blitzableiter, mit der er sogleich die Wiener Hofburg ausstattete.
Ingenhousz‘ wichtigste naturwissenschaftliche Errungenschaft ist aber die Entdeckung der Photosynthese. Er beobachtete, dass die grünen Blätter der Pflanze Kohlendioxid aufnahmen und es unter Einwirkung von Sonnenlicht in Sauerstoff umwandelten. Auch wenn diese grundlegende Erkenntnis aus heutiger Sicht schlüssig ist, galt sie kurz nach ihrer Veröffentlichung in akademischen Kreisen als sehr umstritten.
1788 begab sich Jan Ingenhousz auf eine längere Reise. Zunächst ging er nach Holland, dann nach Frankreich und schließlich nach England. Hier erkrankte der Forscher schwer und konnte deshalb nicht mehr nach Österreich zurückkehren. Er starb am 7. September 1799 in Bowood im Alter von 68 Jahren. Für seine Verdienste wurde in Wien die Ingen-Housz-Gasse nach ihm benannt.
Quellenverzeichnis
Institut für Frauen-Biografieforschung (1994): Clara Immerwahr, verh. Haber, [online] http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/clara-immerwahr/ [03.05.2019].
UniCat (o.J.): Clara Immerwahr Award, [online] https://www.unicat.tu-berlin.de/index.php?id=807 [03.05.2019].
Jewish Women’s Archive (o.J.): Clara Immerwahr, [online] https://jwa.org/encyclopedia/article/immerwahr-clara [03.05.2019].
ScienceBlog.at (2017): Jan Ingenhousz, Leibarzt Maria Theresias und Entdecker der Photosynthese, [online] http://scienceblog.at/jan-ingenhousz-leibarzt-maria-theresias-und-entdecker-der-photosynthese#.XMgfc8TgqUk [06.05.2019].
Archive.org (2008): Jan Ingen-Housz: Sein Leben und sein Wirken als Naturforscher und Arzt [online] https://archive.org/details/janingenhouszsei00wiesuoft/page/n5 [06.05.2019].
Enceclopaedia Britannica (o.J.): Jan Ingenhousz, [online] https://www.britannica.com/biography/Jan-Ingenhousz [06.05.2019].
Spektrum der Wissenschaft (1999): Ingenhousz, Jan, [online] https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/ingenhousz-jan/34062 [06.05.2019].